Weiter im Bericht der Selbstfindung
Mein Weg zum Ich führt mich alle zwei Wochen zum Yoga. Aufpassen: Yogastudio ist nicht gleich Yogastudio. Das weiß man dann, wenn man verschiedene Zentren ausprobierte und festellte, dass in dem einen mehr, in dem anderen weniger und in dem dritten gar keine Yoga-Tussen herumhüpfen. Das sind die, die sich in Instagram-fähigen Markenklamotten und 3-lagigem Make Up auf den Matten räkeln und während der abartigsten Verrenkungen fähig sind, ihre Augäpfel so mitzudrehen, dass sie an allen anderen Personen im Raum einen Ganzkörperscan durchführen können. Ich persönlich präferiere Gammelklamotten, also schon solche mit denen man sich noch blicken lassen kann, aber das Schicki-Micki kann ich mir sparen. Keine Zeit, keinen Nerv. Man sucht sich also am besten ein Studio, das so klein ist, dass die Wahrscheinlichkeit, auf Personenscanner mit künstlichen Fingernägeln zu stoßen, schwindend ist. Formel: weniger Quadratmeter = kleinere Gruppe = weniger Platz für Yoga-Püppchen.
Gesucht, gefunden. Oben am Berg in Innsbruck gibt es ein Studio im Miniatur-Format, geleitet von the one and only gschpür di - yoga madl. Ohne hier Werbung machen zu wollen: es ist wirklich einzigartig. Von der Raumgröße angefangen bis hin zu der liebevollen Gestaltung der Sessions. Und natürlich für mich das Allerwichtigste: schicki-micki-freie Zone.
Meine Matte und ich
Wir platzieren uns nie vorne bei der Yoga-Trainerin, das mögen wir nicht. Weiter hinten kann man das Kerzengeblinker, die romantische Stimmung mit 6 anderen Yogis besser genießen und sich voll und ganz auf sein Bewusstsein und die Achtsamkeit konzentrieren. Das eindeutig wichtigste Instrument beim Yoga: die Matte. Eine Hassfreundschaft. Meine ist türkis, schätzomativ 3mm dünn, und dient in meinen Augen nur dazu, dem Körper vorzugaukeln, dass sie der Härte des Bodens den Anschein eines weichen Etwas verpasst. Gefühlte Realität: beim Knien spüre ich jedes Staubkorn darunter (die Prinzessin auf der Erbse ist ein Witz dagegen). Aber hey, B-E-W-U-S-S-T-S-E-I-N! Deswegen sind wir hier.
Kopf aus, Körper an?!
Hat der Flow eingesetzt, gibt es zwei Möglichkeiten: (1) entweder ich schalte ab, oder (2) ich schalte nicht ab. Option 1 ist schnell erklärt: Ich bin ab der Hälfte der Session derart weg von dieser Welt, dass ich in einem pseudo-komatösen Zustand fertig auf der Matte liege, mein Hirn zu keiner Denkleistung mehr fähig ist (gut so!) und ich nie wieder aufstehen möchte. Dies ist mein Idealzustand, der nicht immer eintritt. Das liegt nicht an der Yoga-Trainerin, sondern an meinem Hirn.
Option 2 impliziert, dass eben dieses ununterbrochen auf Hochtouren läuft (à la James Joyce und sein Stream of Consciousness) während man mit Nudel, Block und Seil waghalsige Balanceakte ausprobiert. 100%-ige Konzentration auf komplizierte Yoga-Action ist nicht mehr gegeben. Deswegen tut man gut daran, sich im Vorfeld zu überlegen, wo und wie man auf engstem Raum (sprich: auf der eigenen Yoga-Matte) im Fall zu Fall kommt, ohne den in kuschelreichweite liegenden (ahnungslosen) Yoga-Nachbarn aus seinem gleichmäßigen Atemrhythmus zu bringen.
Der Gedankenstrudel ist am schlimmsten, wenn man sich rücklings auf der gemütlichen Matte ausbreitet und mit offenen Augen die Decke anstarrt. Strudel-Beispiel gefällig? Here we go:
„Shit! Bei der vermeintlich fertigen Ausgabenrechnung der Lebenserhaltungskosten (Thema: Selbstständigkeit) habe ich vergessen, die Kirchensteuer mit zu kalkulieren. Außerdem: Der Termin beim Steuerberater wurde nicht rückbestätigt. Dem muss ich nachgehen. [total thematic brain switch] Ich habe vergessen, Katzenfutter zu kaufen. [total thematic brain switch] Der Mietwagen für den Roadtrip in Namibia und Südafrika sollte auch endlich gebucht werden. Wo bleiben die ganzen eingeforderten Kostenvoranschläge? Und ein Aiport Shuttle dort wäre nicht schlecht. Warum muss der Flieger auch so spät abends landen? Blöde Airline. [related brain switch] Der internationale Führerschein, ist der schon wieder abgelaufen? Mit Sicherheit. [related brain switch] Apropos ablaufen... die Impfungen. Den obligatorischen Besuch beim Tropen-Arzt könnte ich auch mal ausmachen... aber hat doch noch ein wenig Zeit. [total thematic brain switch] Will ich mich wirklich selbstständig machen? [total thematic brain switch] Was machen diese Haken da oben an der Decke eigentlich? Und die Kerzen flackern auch ziemlich schnell, obwohl sich im Raum keiner bewegt. Woher kommt denn der Windhauch bitte? [total thematic brain switch] Mir ist ganz schön kalt, wenn sich nur mein Hirn verrenkt, nicht aber mein Körper... [to be continued]“
Fazit
„Kopf aus, Körper an“ funktionierte mal wieder nicht. Mein persönliches Erfolgserlebnis aus dieser Einheit war die achtsame und bewusste Erweiterung meiner To-Do-Liste … Ich seh's positiv, weil ich mir zu Hause ein wenig Arbeit ersparte.
#LifeIsAnAdventure
Leave a Comment