Mauretanien

Zurück nach fast 4 Jahren

Mauretanien? Aha, cool. Wo ist das?

Zu allererst mal: Mauretanien ist nicht Mauritius. Mauretanien ist auch nicht in Südamerika. Es ist auch keine kleine Insel, die sich im Atlantik rumtreibt. Wobei Letzteres die plausibelste Annahme aller ist, die mir entgegengebracht werden, weil geografisch am nächsten. Zugegeben, das Land ist wirklich quasi namenlos (zumindest in unseren Breitengraden), umso mehr Werbung muss ich für dieses schöne Unbekannte machen. Kurzum - Mauretanien befindet sich genau hier:

So vertraut und doch so neu

Mir war klar, dass mich die Hauptstadt (Nouakchott heißt sie übrigens) in neuem Gewande empfangen würde. Flughafen: neu. Straßen: neu. Geschäfte: tausendfach neu. Und trotzdem ist so vieles beim Alten geblieben. Der Immigration Officer, der mir das Visum in den Pass klebt, und mir bei passender Gelegenheit, d. h. wenn seine Kollegen gerade nicht zuhören, seine Nummer auf einem zerkritzelten Papier hinschiebt. Kommentar: "Pour discuter seulement" - "Diskutieren" ist nichts wie anderes als jemanden daten. Eine schöne Umschreibung, wie ich finde. Beim Anblick dieses Papiers kam mir ein Lächeln über die Lippen. Die Einfachheit des Männerfanges ist offensichtlich dieselbe geblieben. Gekonnt, weil geübt, gab ich zur Antwort "Inshallah": So Gott will, werde ich ihn anrufen und dann machen wir uns was aus. Bloß nicht direkt Nein sagen. Diplomatie auf mauretanisch kann ich (zumindest in solchen Situationen).

In die Kategorie "Altbekannt" fällt auch das Handling von Seuchen, Viren, etc. am Flughafen. Vor ein paar Jahren maß man mir mit einem Infrarotfieberthermometer im Ohr (!) die Temperatur, um Ebola dem Land fernzuhalten. Letzte Woche stand der Coronavirus auf der Checkliste, Thermoscreening und Fiebermessen waren meine ersten Acts im Land. Immerhin: Der Infrarotstrahl traf mich diesmal auf der Stirn. Nicht, dass sich jemand interessiert hätte, wo ich während der Auswertung hingewandert bin. Ohne Absperrung und ohne Info, was mit mir passieren würde, wollte ich die Zeit des Wartens nutzen (typisch europäisch halt) und habe mich in die immigration area begeben, um seelenruhig meine Einreisepapiere auszufüllen. Ein kurzes "Wo ist sie?" vernahm ich von einer Person in weißem Gewande. Mein "Hier!" aus dem Immigration Areal kam als Antwort zurück. Ein hochgehaltener Daumen und ein Nicken signalisierten mir, dass ich als "coronavirusfrei" beurteilt wurde und ich mich auf den Weg machen durfte.

 

Altbekannt, aber anders und neu

Die Währung. Aus MRO wurde MRU. Neue Scheine, neue Münzen, neues Design. Aus 1000 MRO wurden 100 MRU. Soweit so gut. Versteht auch jeder. ABER: Die Sprachweise hat sich nicht geändert. Es wird immer noch die alte Währung gesprochen. Was dazu führt, dass bei fast jeder Konversation mitten drin mal gefragt wird: Reden wir von der alten oder neuen Währung? Zum Logikverständnis ein Beispiel: Wenn jemand zu dir sagt, dass die Cola 200 kostet, dann meint die Person eigentlich 20. Du gibst ihr also keinen 200er Schein, sondern eine 20er Münze. Auch wenn sie das nicht so sagt. Jetzt gewöhnst du dich also dran, dass man in der alten Währung spricht, aber die neue zur Bezahlung rausrückt. Blöd ist es dann, wenn du jemandem begegnest, der in der neuen Währung spricht und dies nicht explizit erwähnt. Dezente Missverständnisse sind vorprogrammiert.

Schon am ersten Abend dachte ich mir: Irgendwas ist anders mit der Flagge. Habe kurz überlegt, ob ich an Gedächtnisverlust leide. Jedes Mal, wenn ich daran vorbeifuhr (und das tut man hier ständig), hab ich sie mir aus der Ferne angeschaut und gedacht: "Irgendwas stimmt hier einfach nicht." Stellte sich heraus, dass die zwei neuen roten Streifen auf der grünen Flagge Teil des Erbes des alten Präsidenten sind.  Neue Hymne kam mitgeliefert. Habe mich also nicht getäuscht. Brain funzt.

Home sweet Home

Die Stadt hat sich zwar teilweise so verändert, dass ich mich erst neu orientieren muss. Viele Geschäfte haben zugesperrt, neue sind an ihre Stelle getreten. Viele Freunde und Bekannte sind weggezogen, sie sind zurück in die Heimat oder ausgewandert (hauptsächlich USA). Sogar einen Uber-Verschnitt gibt es nun. Doch die alten Taxis, die unter der Last von bis zu 8 Passagieren auseinanderbrechen zu drohen, sind nach wie vor der Renner.

Trotz alledem: Mauretanien ist nach wie vor  Heimat. Die Landung mit dem Flugzeug, die Ausreise selbst, das Weggehen von Österreich... all das fühlte sich nicht an wie ein Abschied, sondern wie ein Heimkommen. Vielleicht auch deswegen, weil ich bei guten Freunden wohne, ein gutes Netzwerk habe und direkt dort anfange, wo ich im April 2016 aufgehört habe. So kommt es mir zumindest vor. Ich bin in der neuen, alten Heimat angekommen. Mashallah.

 

#LifeIsAnAdventure