15. & 16.07.2019

Schon im Nachtshuttle Richtung Hostel fühlte es sich für mich an, als ob ich heimatlichen Boden unter den Füßen hätte. Beim Wiedersehen von den Angestellten brachte es Lucas auf den Punkt: „So… you are home again.“ Wie sehr es sich nach einem Zuhause anfühlte, wurde am besten deutlich, als ich Monica, Peacemaker, Mario, Greg, George, Jenny und all die anderen wiedertraf.

Home of Good Hope
Vormittag in der Suppenküche

Nach der Kuliübergabe wurde Kathi dort gleich bei der Essensverteilung eingeteilt, während ich auf zwei Plastikstühlen vor dem Home of Good Hope Coaching Sessions mit Mario und Christian, zwei der Schützlinge meines Vereines Friends 4 Friends, abhielt. Wie machen wir weiter mit der Führerscheinprüfung? Wie mit dem Jus-Studium? Wann sind für welches Examen welche Anmeldungen zu erledigen? Gibt es irgendwelche wichtige Angelegenheiten, die sofort geklärt werden müssen?
Im Anschluss daran ließen Kathi und ich gemeinsam stundenlang Kelle für Kelle Reis und Sauce auf die Plastiktellerchen gleiten,… nach dem Motto: Essen schöpfen bis die Blasen sprießen (weil die Löffel aus Chinatown sind und deswegen 1A-Qualität aufweisen, sich bei jeder Bewegung nach unten biegen und die Haut einschneiden…). Wie bei jedem Aufenthalt in der Suppenküche durften auch diesmal die Kuscheleinheiten und Haare-Anfass-Momente nicht fehlen. Lange und vor allem blonde Haare sind selten im Township, da müssen reisbehaftete Kinderhände die Chance ergreifen und die Essensreste in unseren Mähnen gut verteilen.

Gibt's was Schöneres als Meetings?

Der zweite Tag war voll mit Meetings: von der Bank im Citycenter, weiter zum Home of Good Hope 2.0, danach zu Monica nach Hause. So nett die Angestellten bei der Nedbank sind, aber sie brauchen auch lange, um Login-Codes für das Online-Banking zuzuschicken. 9 Monate sind seit der Kontoeröffnung vergangen, nix ist passiert. Mehrmaliges Nachfragen sinnlos. Jetzt war ich selbst nochmal dort und hab ein wenig nachgeholfen. Schauen wir mal, ob die Passwörter in 2 Wochen in unserem E-Mail Facherl liegen.
Seit Jahren kämpfen wir mit unseren internationalen Partnern um ein Grundstück im Township Katutura, welches für einen Ausbau der Suppenküche gekauft werden soll. Ich sag mal so: PIN-Code Zusendung für einen Bankaccount braucht mind. 9 Monate, also könnt ihr euch selbst ausrechnen wie lang sich ein Grundstückskauf hinziehen kann. Eine neue Strategie wird seit ca. 5 Wochen gefahren – empfohlen von einem höheren Beamten, der maßgeblich an der Landvergabe beteiligt ist. Man nehme einen leeren Schiffscontainer, stelle diesen auf das begehrte Grundstück, schreibt mit großen Buchstaben „Home of Good Hope“ darauf und eröffnet darin von heute auf morgen einen neuen Ableger der Suppenküche. Zweck davon: Platz besetzen, um in ein paar Jahren sagen zu können: „Wir waren vorher hier!“

Home of Good Hope
Home of Good Hope
A helping hand

Kathi schmierte vor dem Schiffscontainer unaufhörlich Tunfischpaste bzw. ein Gemisch aus Marmelade-Erdnussbutter auf Toastbrote (das Messer hielt dieser Übung eisern stand, nicht so wie der Löffel am Vortag!); ich gestaltete mir mit Mario einen Beratungsraum in einer Wellblechhütte nebenan… bestehend aus: 1x Gartenstuhl mit Riesenloch am Hintern (grad, dass man mit eben diesem nicht durchrutschte), 1x Bierkiste als Sitzgelegenheit, 1x Bierkiste als Tisch. Meetings müssen nicht immer in fancy Settings abgehalten werden – Brainstormen geht eben auch anders.

Transgender in Namibia!? Yes!

Dass Transgender in Namibia kein Tabu-Thema ist, erfuhren wir dank Brihanna, ein Teenager, der als Junge auf die Welt kam, aber seit Jahren sehr selbstbewusst als Frau lebt. Sie lud uns sofort zu einem von ihr initiierten Schönheitswettbewerb für die Transgender-Community ein, an dem sie selbst teilnehmen wird. Kathi und ich waren sofort begeistert, sagten unsere Teilnahme (als Zuschauer wohlgemerkt) zu, planten im Kopf unsere Reiseroute um, erzählten vom Life Ball in Wien, suchten YouTube für Beispielvideos ab und schauten uns diese gemeinsam mit einer Handvoll interessierter Leute vor dem Schiffscontainer an. Bisschen Werbung im Slum für den Ball inkl. Conchita Wurst kann nicht schaden – vielleicht finden sich noch Sponsoren in Namibia, damit er nächstes Jahr wieder stattfinden kann. Die Filmvorführung wurde elegant mit einer Ladung fleischigem Streetfood (Kapana) abgerundet, serviert im Zeitungspapier und mit viel würzigem Pulver. Sharing is caring – jeder, der in der Runde anwesend war, griff zu und genoss das Essen. Jupp, it was delicious!

Rise & Shine

Gestärkt ging’s eingepfercht zu sechst im Hinterteil des Pick-Ups zum Nähprojekt „Rise & Shine“, das Monica letztes Jahr ins Leben rief. Vorrangig ging’s um die Begutachtung des Grundstücks… Bestandsaufnahme, Diskussion, Foto, und hopp, hinauf auf die Ladefläche des Autos, rüber zu Monicas Full House, wo wir von zig Kindern (Enkel, Nachbarn und quasi-adopierte Kids) empfangen wurden. 8 Personen wohnen insgesamt in einer Wohnung mit 2 Schlafzimmern, aber gemütlicher und herzlicher kann es nicht sein. Chips, Nüsse, Kuchen und picksüße Fanta warteten auf uns. Kathi zog sich mit der Kinderschar eine Schlangendoku auf der überdimensionalen Riesenglotze rein, ich saß mit Monica Rooibos-Tee trinkend auf der kleinen Terrasse, um über Gott und die Welt (und das Home of Good Hope natürlich) zu sinnieren… es war genau wie damals vor fast 10 Jahren… als alles begann.

#LifeIsAnAdventure