Von Hafen und Häfen
Beim Anblick der Getränkekarte im Hafenrestaurant in Nidden wurde die Pat ganz hibbelig, denn sie sichtete "Kvas". Ein Gesöff, das sie an ihre Zeit in Russland erinnerte und zwecks Nostalgie sofort bestellt wurde. Der Bier-Cola-Mix war nicht unser Ding, Rea und ich tippten auf die Karte und wählten ein x-beliebiges Bier aus. Die Kellnerin nahm zuerst Pats Bestellung entgegen, ließ uns beide im Glauben, dass unser Bier eine exzellente Wahl sei und kam dann mit 3 Kvas in den Armen zurück. Reklamation zwecklos, weil es sich tatsächlich um dieselbe Bestellung handelte, nur, dass es keine Menschenseele nötig hielt, uns aufzuklären. Da untrinkbar, wurde richtiges Bier nachbestellt.
Im sicheren Hafen
Mit Alkohol im Blut ließ sich die schwimmende Unterkunft zwar etwas unkoordinierter in ein Schlafgemach umwandeln, aber die aussichtslose Schlafsituation wurde als weniger gravierend vernommen. Manu musste erst den Küchentisch des Bootes abbauen, um die seitlichen Bänke zu einem Schlafgemach klappen zu können; mein Unterschlupf war "das Loch", das auf den ersten Blick (!) für einen Zwerg wie ich einer bin völlig ausreichend erschien; Pat und Rea teilten sich ein bugförmiges Ehebett. Was soll man sagen... Wellen, Schnarchen, Enge, Hitze, auf engstem Raum... the night was not so funny, aber ein Erlebnis.
Als unfreiwillige und muskelgeschundene Early Birds erkundeten wir zeitig am nächsten Morgen die kurische Nehrung - der Nationalpark gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe, die Parnidis Düne ist die höchste sandige Erhebung dort (war nicht oben, weil von Sand umgeben bin ich in meinem realen Leben tagtäglich), der alte Friedhof ist bekannt für die typischen Kurenkreuze, und dann gibt's noch das Ferien- und Sommerhaus von Thomas Mann. Am Hexenhügel wanderten wir im verwunschenen Wald und wurden von den Augen diverser Holzskulpturen verfolgt.
Im Naturschutzgebiet bei Juodkrante bestaunten wir eine Kormorankolonie, die ihr Flug- und Toilettkünste zum Besten gaben.
Es war ein ereignisreicher Tag in Freiheit - anders als der Abend und die Nacht im Gefängnis.
Im sicheren Häfen*
Die Führung durch das Gefängnis Karosta brachte einem eindrucksvoll das ehemalige Militärgefängnis näher. Bis 1997 hat es als solches gedient, heute ist es ein Hotel der anderen Art.
Abenteuerlich wie das lustige Quartett ist, riskierten wir eine zweite schlaflose Nacht in Folge.
Die Pat bekam das absolute Luxuszimmer mit Satinbettwäsche und bunten Accessoires. Manu eine geräumige Zelle mit Garderobenständer und Gitarre (?!). Rea und ich hatten das Vergnügen im "blauen Zimmer" mit 1 Stuhl, 1 laveden Nachtkasterl und 2 Betten inkl. rostigen Stahlmatratzen. In meinem Fall hing das Ding derart durch, dass links und rechts die Matratze steil nach oben ragte.
Die Zellentüre kann man von innen nicht schließen, das Licht geht nur von außen mit Hilfe eines Besenstiels aus (weil so hoch oben angebracht). Die Gänge sind schwarz und leer. Die Totenstille wird unterbrochen von quietschenden Zelltüren der anderen Gäste und den gleichmäßig näherkommenden Schritten des Nachtwächters, der seinen Kontrollrunden nachkommt und in einem sarkastischen Tonfall erklärt: "Relax, relaaaaaax...."
#LifeIsAnAdventure
*österr. für Gefängnis...
Leave a Comment