Coronahamstern

Alhamdulillah. Mir geht es immer noch gut.

Ein Corona-Lagebericht

Mauretanien hat schnell reagiert. Nach dem ersten nachgewiesenen Fall wurden Hebel in Bewegung gesetzt, um die internationale Mobilität einzuschränken. Schulen und Universitäten schlossen ihre Pforten. Die letzten aus Europa Ankommenden mussten direkt in Quarantäne (wobei es hier auch Fälle von Bestechung gab). Nach dem zweiten Fall kam die Ausgangssperre ab 20:00 Uhr abends, zeitgleich – sofern ich mich richtig erinnere – wurden alle Cafés, Restaurants, etc. geschlossen. Eine Woche später war ab 18:00 Uhr Schluss mit lustig und dies hat sich seither auch nicht geändert. Das Verbot von einer Region in die andere zu fahren kam anschließend. Versammlungen sind natürlich verboten, Märkte, Moscheen geschlossen. Gegen 17:30h signalisiert die Polizei täglich mit den auf den Pick-ups platzieren Sirenen, dass es Zeit ist, den Heimweg anzutreten. Wer in der Ausgangssperre rausgeht, muss mit Polizeiintervention rechnen. Verschärft wird die Situation, wenn am Abend Stromausfall ist. Kein Strom = kein Wasser. Ausgangssperre = keine Abhilfe.

Mauretanien Corona
Corona macht erfinderisch

An den vielbefahrenen Kreuzungen entwickelten einzelne Personen über die letzten Wochen ein lukratives Geschäft: Desinfektionsmittel, wo man natürlich nicht weiß, was da wirklich drinnen ist, werden per Drive Through - an der Ampel quasi – verkauft. Sehr findige Unternehmer versuchen ihr Glück an Geld zu kommen, indem sie die Lebensmittelpreise in ihren Geschäften illegaler weise erhöhen. Auch wenn der Staat dahinter ist, jeden Übeltäter erwischt er halt auch nicht...

Workdays

Die Organisation vom (bisher freiwilligen) Home Office gestaltet sich hier natürlich auch anders, als in der westlichen Welt. Nicht jeder hat Internet zu Hause. Sticks müssen erst gekauft, eingerichtet und getestet werden. Das WWW funktioniert dann manchmal, selten, bis gar nicht. Wie lang der eigene Geduldsfaden mit seinen Nervensträngen tatsächlich ist, kann man ab sofort sehr gut bei den Online-Meetings (oder der abendlichen Streamingdiensten) testen. An Videokonferenzen braucht man bei einer solchen Verbindung gar nicht erst denken.
Der Arbeitgeber schreibt vor, keine öffentlichen Taxis (weil 6 Personen aufeinander picken) für den Weg zur Arbeit zu verwenden. Macht Sinn, muss jedoch gut durchdacht werden und verlangt einiges an Organisationsaufwand, denn nicht jeder Angestellte hat ein eigenes Auto. Ich habe mich entschlossen, mich täglich – u.a. wegen des besseren Internets – an den fast menschenleeren Arbeitsplatz zu begeben, wo meine Ohren stundenlang über (qualitativ recht fragwürdige) Lautsprecher Korangesänge wahrnehmen (Religion festigt die Gemüter in so düsteren Zeiten). Versteht mich nicht falsch, ich finde diese Laute unter normalen Umständen und kürzeren Intervallen wunderschön, aber ich kann mich da arbeitstechnisch einfach nicht konzentrieren. Wenn also nicht grad meine Ohren mit einem sexy Headset zwecks Online-Meeting abgedeckt sind, stopfe ich sie mit Ohropax zu. Schlag 16:00 Uhr werden meine sieben Sachen in das Home Office Sackerl verschoben und nach Hause transportiert, weil per Regierungserlass jeder seinen Arbeitsplatz um diese Zeit verlassen muss. In den vier Wänden eingetroffen, geht das alltäglich lustige Internetspielchen (es liebt mich, es liebt mich nicht) los.

Mauretanien hamstern
Die grundlegenden Dinge

Unsere hauseigene Vorratskammer ist seit Wochen voll mit Essen (Linsen, Bohnen, Kartoffeln, Zwiebeln, Milch, etc.). Bevor die Märkte schlossen, mutierten wir zu Corona-Hamstern. Der Staat behauptet, er hätte Lebensmittel für 6 Monate gebunkert und würde die Lieferwege offen halten, um das Land zu versorgen... wir sind lieber auf der sicheren Seite. Wohingegen die Bürgermeisterämter in den ärmsten Viertel Hygieneprodukte und Grundnahrungsmittel verteilen. Allerdings: Vor wenigen Tagen hieß es in der Boutique um die Ecke (im besten Viertel der Hauptstadt), dass es keine Eier mehr gäbe. Zwiebeln auch nicht.

Den Tatsachen ins Auge schauen

Es gibt derzeit 7 bestätigte Fälle. Nicht viel, möchte man meinen. Man darf nicht vergessen, dass das Land bis vor Kurzem erst über 200 (funktionierende) Testkits verfügte. Deutschland schickte nochmal 20000 weitere, als klar wurde, dass die Lieferung aus China komplett fehlerhaft war. Von flächendeckendem Testen kann hier keine Rede sein. Zudem hat das Land für 3 Millionen Menschen 5 Betten mit den notwendigen Beatmungsmaschinen, 4 Lungenfachärzte, weniger als 10 Anästhesisten (darunter auch nicht diplomierte Kräfte), 0 mobile Ultraschall-, 0 mobile Röntgen- und 0 Blutgasanalysegeräte.
Minister & Co verzichten auf Monatslöhne, um mitzuhelfen, die Krise finanziell aufzufangen. Die Chinesen bauen unterdessen ein für Corona ausgerichtetes Krankenhaus mit 50 weiteren Betten. Bleibt abzuwarten, ob dort die Maschinen im Ernstfall auch tatsächlich funktionstüchtig sind.

#LifeIsAnAdventure