Mir geht es gut.
Coronakrise im Wüstenland Mauretanien
Wer den Beitrag nur wegen meiner Befindlichkeit lesen wollte, kann genau hier aufhören. Doch da ich mich auch gerne erklären möchte, warum ich noch hier bin, schreibe ich weiter. Abgesehen davon, dass ich zum gegebenen Zeitpunkt nicht in die Coronahölle Europa möchte (lieber später, wenn sich's ein bisschen beruhigt hat da oben), sitze ich hier tatsächlich fest. Natürlich ist es nett zu wissen, dass sich die Leute zuhause um mich sorgen und mich bei sich wünschen. So einfach geht das halt nicht. Das Rückkehren. Selbst wenn ich wollte.
Krisenmanagement geht anders
Bei dem Versuch, Infos zu dem weiteren Vorgehen in einer Krisensituation zu erhalten, machte ich ausgezeichnete Erfahrungen. Ich habe mich um Infos bezüglich der zukünftigen Ausreisemöglichkeiten für Österreicher*innen wirklich und tatsächlich bemüht. Offensichtlich will man jedoch nicht verstehen, dass
a) Mauretanien, wenige Tage nach dem ersten Coronafall, den Flughafen komplett dicht machte (bin absolut d'accord mit dieser Entscheidung).
b) es keine österreichische Botschaft in Mauretanien gibt.
c) das pseudo existierende Konsulat – seit jeher - absolut nichtig ist (könnte man angesichts der drohenden Wirtschaftskrise zusperren und Gelder sparen).
d) sich die für mich zuständige österreichische Botschaft in Marokko ohne mein Zutun genau gar nicht bei mir gemeldet hätte (und JA, JA, JA, ich bin beim Außenministerium registriert!).
e) eine E-Mail an einem Montagnachmittag mit der Info zu einem nächsten Tag geplanten Evakuierungsflug aus Marrakesch (?!) zwar nett gemeint, aber leider Irrsinn ist, weil Grenzen zu und Flüge futsch. Des Weiteren gebe ich einen heißen Tipp weiter, sollte dieser Blogartikel jemals von einem Botschaftsheini gelesen werden: Selbst wenn ich unter normalen Umständen (beispielsweise mit offenen Grenzen?!) in einem so kurzen Zeitraum von Nouakchott nach Marrakesch wollte, wäre es nicht möglich. Die Autofahrt ist etwas lange (über 2100 km, Wartezeiten an den Grenzen bitte nicht ungeachtet lassen!). Und einen direkten Flug von hier nach Marrakesch gibt es nicht. Danke aber, dass man mir eine gute Gesundheit im nachfolgenden E-Mailverkehr wünscht. Ist ja wohl das Mindeste, was man für mich tun kann.
f) der Ratschlag seitens der Botschaft, ich solle mich doch bitte auf die Evakuierungsliste der deutschen Botschaft in Mauretanien setzen lassen, gut gemeint ist, aber halt mal wieder zeigt, wie geil die Kooperation und wie viel Ahnung im Hirn von diesen Botschaftsmitarbeitern ist. Danke, ich hatte das bereits versucht bevor ich bei angerufen habe, aber als Österreicherin wird man da nicht draufgesetzt.
g) man nach dem Satz „Wissen Sie, wir haben mit einer solchen Situation auch keine Erfahrung.“, gefolgt von „Halten Sie sich doch einfach an ihre deutschen Arbeitskollegen.“ keinen Bock mehr hat, weil Diskussion sinnlos. Wer solche Antworten in Krisenzeiten gibt,... ist einfach nicht ernst zu nehmen. Da verlasse ich mich lieber auf mein eigenes Organisationstalent.
h) ich – zu guter Letzt – hier auch einen Arbeitsvertrag habe und nicht einfach so das Handtuch schmeißen kann (bzw. möchte). Ich wusste im Vorfeld, auf was ich mich einlassen würde. Mauretanien ist mir nicht unbekannt. Ich weiß um die Problematiken, die mit einer solchen Krise einhergehen werden.
Ratschläge zum Rad schlagen
In den letzten Wochen durfte ich mir von vielen (natürlich besorgten) Menschen zig (wahrscheinlich gut gemeinte) Ratschläge anhören. Leider sind diese oft unpassend, da sie meist von Personen losgelassen werden, die aus unerfindlichen Gründen von einem Tag auf den anderen zu Epidemiologen und Mauretanienexperten mutieren. Wenn man sich Zeit seines Lebens weder mit Epidemien noch Mauretanien auseinandergesetzt hat, tendenziell zu nicht durchdachten Aussagen neigt und obendrein alles besser weiß, ist das keine gute Kombination sich mit mir anzulegen. Einige Ratschläge waren unter der Gürtellinie, einige verletzend. Aussagen wie „Das, was du machst, ist verlangsamter Suizid. Das ginge auch schneller.“ habe ich wirklich nicht nötig.
Ich würde keinem der Ärzte, die täglich an der Front um Menschenleben kämpfen, so etwas ins Gesicht sagen. Wie komme ich auch dazu? Statements wie „Natürlich soll die Impfung an Afrikanern getestet werden, dort ist eh schon alles verloren.“ sind menschenverachtend. Und ich verachte Menschen, die so etwas von sich geben. Es ist ein Leichtes, sich von eben solchen in der Distanz zu trennen. Social Media sei Dank: Ein Klick, und weg sind sie.
#LifeIsAnAdventure
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