Airport Nouakchott

Die Heimat durch Plexiglasscheiben erleben.

Tausche Wahlheimat gegen Heimatland

Es war kein einfaches Unterfangen, den Heimaturlaub organisiert zu bekommen. Geschlossene Grenzen, arbeitsunfähige Airlines und ständig wechselnde Verordnungen, die es seitens des Staatsbetriebs offensichtlich nicht Wert sind, klar kommuniziert zu werden. Kommt mir ja keiner mit Hotlines und Botschaften!! Denn: Es hatte niemand einen Plan!

Mein Name auf der Warteliste von Air France brachte mir schlussendlich nichts. Ein einziges Büro in Mauretanien war befugt, die begehrten Flugtickets zu verhökern. Dessen Öffnungszeiten waren selbstredend "einmal so und einmal so". Als Gerüchte die Runde machten, das ominöse Office hätte an besagtem Juli-Samstag in der Früh geöffnet, stellten sich zwei Arbeitskollegen vor dem Gebäude, auf der Straße, an und versuchten ihr Glück. In Corona-Zeiten kommt ein Ticket für'n Heimtransport (nach Wochen des Wartens) einem Lotto-Jackpot gleich.  Im Glanze meiner Abwesenheit erhielt ich tatsächlich meinen Flugschein über einen dieser Arbeitskollegen - dank der WhatsApp-Weiterleitung (ja, der Datenschutz...) von Handyfotos meiner (nicht unterschriebenen) Kreditkarte, meinem Pass sowie eines mickrigen Passus bezügl. der erlaubten Nutzung dieser Unterlagen. Es wäre nicht Mauretanien, wenn man auf solche Weisen nicht mit fremden Daten shoppen könnte.

 

Heimaturlaub

Nichts ist mehr, wie es mal war

Allein bei der Flugbuchung wurde ersichtlich, dass die Leichtigkeit und Unbeschwertheit des Reisens dahin ist. Die Aus- und Einreise war nochmal ein anderes Thema. Gefühlte 50 Telefonate mit sämtlichen Corona-Hotlines in Österreich und der zuständigen Botschaft in Marokko, 2 Flugänderungen und 1 Annullierung - die Nerven lagen blank, die Tränen flossen, meine Stimme kam regelmäßig in hochfrequenten Lagen zum Einsatz. Es herrschte nur Chaos, v.a. bei der Klärung was nun als Risikogebiet deklariert wurde und wie die Tests gehandhabt wurden. Im Chaos verfangen kam ich zum Punkt, dass ich einfach in diesen blöden Flieger steigen und keine weiteren Recherchen anstellen würde, denn es konnte mir soundso niemand konkrete Antworten geben.

Das neue Reisen geht so:

- 36h Stunden von Türe zu Türe - meine persönliche Rekordzeit um von Nouakchott nach Innsbruck zu kommen.

- Maskenverkleidung und Desinfektionsmittel sind das A & O im Handgepäck.

- Kaum Verpflegung an Bord (sogar am Langstreckenflug von über 10h wurde lediglich einmal ein Essen - ohne Auswahl - und ein Getränk serviert); Wasser, Tee und Kaffees sind die drei Standardgetränke.

- Kompliziert ist die neue Leichtigkeit des Seins: Runde 1: Nouakchott - Conakry; Runde 2: Conakry - Paris; Runde 3: Paris - Hotelzimmer; Runde 4: Paris - Wien; Runde 5: Wien - Innsbruck.

- Beim Ankommen: Testival - negativ ist das neue Positiv! Eine Spazierfahrt direkt vom Flughafen ins Labor. Hut ab vor dem dortigen Personal: Mein Test war nur in einer Stunde fertig ausgewertet, sprich: Startschuss für den Heimaturlaub.

- So nah und doch so fern: Nach über einem halben Jahr Abwesenheit von Familie und Freunden fällt der Verzicht auf's Umarmen am schwersten.

Heimaturlaub

Heimaturlaub mit Plexiglasscheiben und Corona-Leugnern

Während ich in einem Bekleidungsgeschäft vor der Plexiglasscheibe meine sanft rückgespiegelte Silhouette bewundere, vernimmt mein rechtes Ohr eine heißer werdende Corona-Argumentationsrunde von Corona-Leugnern. Ha. Ha! Ha? Traurig, unterhaltsam und ärgerlich zugleich. Kernthematik: die Freiheitsberaubung durch das Tragen der Maske. Es gibt Diskussionen, die tu ich mir prinzipiell nicht mehr an. Diese ist so eine. Gerne philosophiere ich darüber, wie die Coronazeiten das Demokratieverständnis verändern, welche Gefahren die politischen Entscheidungen mit sich bringen, welche Einschränkungen durchaus kritisch zu beäugen sind. Aber bei der Freiheitsberaubung durch das (nicht mal überall verpflichtende) Aufsetzen des Stofffetzens hört's bei mir einfach auf. Wer hier ernsthaft von Freiheitsentzug spricht, hat sich noch nicht mit der alltäglichen Realität in anderen Ländern beschäftigt... tja, Babs,... welcome home!

#LifeIsAnAdventure