27.07. 2019

Time Management können wir! Dem Beauty Nachmittag wäre auch nix im Weg gestanden, hätte uns nicht die Gangschaltung des verlässlichen Mietwagens einen Strich durch die Rechnung gemacht. Pünktlich am Mittag standen wir im Hostel und uns war bewusst, der nächste Weg führt nicht ins Bad, sondern zu Europcar. Zum Erindi Private Game Reserve – damit Kathi auch endlich was von der Tierwelt sieht – wollte ich nicht mit einem komisch rumpelnden 1. und 2. Gang. Dementsprechend Autotausch. So der Plan. Wir stehen vor der Mietstation, 14:00 Uhr, die Pforte war seit einer Stunde dicht. Ich haute den Security an, ob er mir den Verantwortlichen anrufen würde. Der tat, was getan werden musste, bediente sich der Emergency Number und überreichte mir das Handy. Wenn man eines können muss in solchen Situationen: Gschichtln druckn. Niemals die volle Wahrheit erzählen, aber jene Teile der Story, die tatsächlich wahr sind, so überzeugend rüberbringen, dass Logikausfälle gar nicht erst auffallen. Kann ich. Genauso wie ich Bettlern überzeugend erklären kann, dass ich für sie bete und mir sicher bin, Jesus Christ hat einen Plan für sie. Hilft so gut wie immer. In allen Ländern. Man muss nur den „Jesus Christ“ an die jeweilige Kultur anpassen und schon ziehen sie glücklich von Dannen.
Anyways, ich druck dem Vermietungstypen meine Geschichte rein und beende meinen Monolog mit: „We want a new car, please.“ Nach meinem Sermon kam ein „OK“, gefolgt von der Info: „Es ist Samstag, wir haben jetzt geschlossen.“ Geil. Emergency Number und dann ein „Cool, dass ihr anruft, aber sorry, we are closed now.“ Wir haben nicht locker gelassen und UNGLAUBLICH ABER WAHR, der Hans stand 5 Minuten später vor uns, testete das Suzuki-Teil, gab uns Recht und empfahl, am Sonntag in der Früh nochmal zu kommen,… für den Umtausch.

Beauty Queens

Zeit für Make-up und Co zwecks Schönheitswettbewerb (der erste seiner Art in Namibia!) war allemal, Punkt 18 Uhr – wie mit Monica ausgemacht (und wie es sich für typische Europäer gehört) – standen wir als einzige Bleichgesichter am Schulcampus, wo das Event stattfand. Mit den Blicken der anderen wurden wir ausgezogen, in solche Gegenden verirrt sich sonst kein Weißer. Monica & Entourage bequemten sich um 19 Uhr zum Treffpunkt. Ohne Tickets. 10 Tickets hinterlegt und dank Misskommunikation war zu wenig Geld vorhanden, um sie zu bezahlen. Es wäre nicht Afrika, wenn es in letzter Minute hierfür keine Lösung geben würde.

Schönheitswettbewerb
Very Important People

Mit unseren VIP Tickets landeten wir an Tischen, die pompöser nicht hätten dekoriert sein können. Von vergoldeten Kitschtellern bis hin zu Plastikblumen war alles dabei. Ohrenbetäubende Musik machte Unterhaltungen fast unmöglich. Man schrie sich an, fuchtelte mit Gesten, nur um irgendeine verbale und/oder non-verbale Kommunikation Zustande zu bringen. Wer glaubt, das Event hätte da schon begonnen, der irrt. Unser Sitzfleisch wurde gut getestet, erst um 21:30 Uhr wurde der allererste namibische Transgender Schönheitswettbewerb eingeläutet. Eh nur drei Stunden später als ursprünglich angepeilt. Wenn sogar Afrikaner mal genervt sind, heißt das was. Kurz später die nächste organisatorische Panne. Wir, die VIP-ler, waren auf Dinner und All-Inclusive-Getränke eingestellt. Das Essen bestand aus Häppchen, von denen zwar keiner der 10 Menschen am Tisch satt wurde, aber immerhin vom Goldteller verspeist werden durften. Deshalb organisierten wir Streetfood, welches wir demonstrativ aus den Papptellern am noblen Tisch aßen. Bei den Drinks war sich das Management nicht sicher, ob sie im Preis inbegriffen waren oder nicht. Nichts geht über Connections, unsere Runde hat am Ende auf jeden Fall keine Rechnung beglichen.

Schönheitswettbewerb
Anfeuern, was das Zeug hält

Von Sekunde 1 an war das Publikum außer sich, es raste und tobte. Jede Dame am Catwalk hatte ihren eigenen Fanclub beim Schönheitswettbewerb. Die Musik wurde natürlich nicht leiser, sondern – ganz im Gegenteil – lauter; die Tonanlage war zwar besser als manch andere in Afrika, aber sie kam an eine für unsere Ohren taugliche Anlage trotzdem nicht ran. Dazu kamen Geschrei und Anfeuerungsparolen, die Leute am Mikro waren in der Masse kaum bis gar nicht verständlich. Als Zeichen der Unterstützung liefen die Fanclubs mit ihren Favoritinnen neben der Bühne entlang, hämmerten dabei mit ihren Händen wie in Trance auf den Catwalk. Die LGBTQI+ Community war in der Aula bestens vertreten, wir hatten noch nie ein solches Spektakel mitverfolgt wie an diesem Abend. Afrikanische Gottesdienste sind schon der Brüller, aber das hier toppte alles. Bunt, schrill – etwas Noch-nie-Dagewesenes brachte die Leute außer Rand und Band.

Schönheitswettbewerb
Schönheitswettbewerb

Um zwei Uhr Morgens war der Zauber vorbei, die Krone wurde gebührend vergeben. Unsere Favoritin wurde Zweitplatzierte, aber auch nur deswegen – und da sind wir uns sicher – weil die Siegerin die Freundin des Organisators war. Korruption geht immer. Der vergebliche Versuch, Fotos von uns mit den Bestplatzierten zu machen, scheiterte am Können der freiwilligen Fotografen (Gesichter oder ganze Gliedmaßen abgeschnitten, über- bzw. unterbelichtet, was bei einem Bild, welches gleichzeitig dunkle und helle Hautfarben beinhaltet, nur begrenzt dienlich ist). Die Erinnerung bleibt auf Ewig in unseren Köpfen. Ein toller Start für hoffentlich viele weitere Events dieser Art. Es tut sich was,… und das obwohl die Gesetze des Landes am Papier eine andere Sprache sprechen. We are all diversity – es war nie so greifbar wie an diesem einen Abend.
#LifeIsAnAdventure